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Am Volk vorbei!

2020 Ausgabe 3 September 2020

von Harry Quaderer

Das Liechtensteiner Stimmvolk hat am 30. August dem wirtschaftlichen und politischen Establishment eine gehörige Watsche erteilt. Der Liechtensteinische Bürger und die Liechtensteinische Bürgerin lassen sich nicht so leicht blenden, wie es sich der Marketingstratege der IG Mobiles Liechtenstein wohl vorgestellt hat. Rührselige Leserbriefe, zum Teil mit gelinde gesagt kindischen Argumenten, und diffamierende Angriffe gegen die Opposition haben die Stimmung gekippt. Zu viel ist zu viel!

Da waren sich die Grossparteien VU und FBP einig, da spannte die FL mit dem VCL und der LGU zusammen, da warben die Industriekapitäne der LIHK, da polterte der Präsident der Gewerbekammer in einem Brief an die S-Bahn-Gegner. Das Fass zum Überlaufen gebracht und jegliche Glaubwürdigkeit im Wind liegen gelassen hat die Vorsteherkonferenz, von der Vorsteherin in Ruggell bis zu den Vorstehern in Triesenberg und Balzers sahen sie alle nur Vorteile in der S-Bahn! Das nahm ihnen das Volk beim besten Willen nicht ab!

Dass sich dann auch noch der Bankenverband oder der Liechtensteinische Ingenieurverband (nicht einstimmig!) oder eine CIPRA für die S-Bahn aussprachen, lassen wir mal so stehen. Natürlich haben einige politische Alt-Akteure aus Land und Gemeinden sich auch von der IG Mobiles Liechtenstein für die S-Bahn einspannen lassen. Da schrieb doch der Altvorsteher vom Triesenberg einen für die Fasnachtszeitung geeigneten Leserbrief. Da polterte der Alt-Vorsteher Donat Oehri aus Gamprin. Die Show die Donat Oehri und Ex-Amt für Bau und Infrastruktur-Chef Markus Verling bei 1FLTV abzogen, scheint gar nicht gut angekommen zu sein. Im Gegenteil! Da waren die Argumente von Roland Lapp, welchen sie schamlos zu desavouieren versuchten, doch viel stichhaltiger und treffsicher. Die fast zehntausend Klicks, welche Herr Lapp auf der Internet-Präsenz von 1FLTV erhielt, dürften einen Rekord darstellen.

Sehr enttäuschend für mich als Schaaner war natürlich auch, dass sich unser Vorsteher mit solcher Vehemenz für die S-Bahn einsetzte. Speziell für Schaan sind die Trasse und die Bahnübergänge eine Katastrophe. Daniel Hilti dachte wohl als Vorsteher, der immer mit hoher Zustimmung gewählt wurde, würden ihm die Schaaner aus der Hand fressen. Die Tatsache, dass sich alle VU-Gemeinderäte in Schaan hinter dieses Vorhaben stellten, lässt vermuten, dass die VU Schaan wie Marionetten des Vorstehers tanzen. Doch wie im ganzen Land, auch die Schaaner liessen sich nicht beeindrucken und von leeren Argumenten blenden.

Und nochmals zurück zur IG Mobiles Liechtenstein: Es lässt sich stark vermuten, dass der Urheber der sehr vielen Leserbriefe ein Büro aus Mauren war. Gemunkelt wurde, dass es der einst verlorene Sohn aus der FBP-Fraktion hätte sein können. Ex-Verkehrsminister Martin Meyer hat sich auch ganz gewaltig ins Zeug gelegt. Sogar mehr als damals, als er der zuständige Minister war. Was für Absichten steckten da wohl dahinter?

Zu guter Letzt versuchten ein paar private Leserbriefschreiber den schlecht argumentierenden S-Bahn Befürwortern den Rücken zu stärken, indem sie der DPL und den DU die Leviten lesen wollten, dann aber lediglich zu plumpen Verungllimpfungen fähig waren. Den S-Bahn Gegnern «schmale Gehirnbahnen, Trumpismus, Ausländerfeindlichkeit» etc. vorzuwerfen, das zeugt weder von guter Kinderstube noch von einem gesunden Demokratieverständnis. Auch ein ehemaliger Landesplaner hat sich mit seinem Ton und seiner Art keinen Gefallen getan. Wer den Alt-Landesplaner kennt und wer von seiner früherer Tätigkeit als Landesplaner Kenntnis hat, fragt sich, hat er diese Leserbriefe nur als Gefallen für seine Gattin, die Geschäftsführerin der LIHK ist, geschrieben? Ein Schelm, wer Böses denkt.

Den Vogel abgeschossen hat der ehemalige VU-Präsident und abgewählte Ruggeller Vorsteher Jakob Büchel. Er begeiferte gleich alle Stimmbürgerinnen und Stimmbürger, die nicht pro S-Bahn waren, als arme kleingeistige Liechtensteiner und Liechtensteinerinnen. Wie viele VU-Wählerinnen und Wähler hat er mit seiner Aussage wohl beleidigt? Politisches Gespür sieht anders aus!

Die grosse politische Verliererin der S-Bahn-Abstimmung ist ohne Wenn und Aber die Vaterländische Union. Sie hat mit geballter Kraft versucht, ihrem Verkehrsminister und Regierungschef-Stellvertreter Daniel Risch den Weg zu einem grossen Erfolg vor der Landtagswahl zu ebnen. Dies ist ihr kläglich misslungen. Die Überschrift über einem Vaterland-Beitrag «Die VU als Motor für politische Bewegung» könnte man nach der Volksabstimmung zur S-Bahn umformulieren in «Die VU als stotternder Motor für politische Bewegung».

Aber wie halt immer nach Wahlen oder Abstimmungen sind alle Gewinner. So äusserten sich denn auch der VU-Parteipräsident und sein Schützling Daniel Risch äusserst zufrieden, da man nun endlich Klarheit in Sachen S-Bahn geschaffen habe. Klarheit geschaffen hat das Liechtensteinische Stimmvolk und nicht die VU! Sehr geehrter Herr Verkehrsminister Risch, nehmen Sie den Auftrag des Volkes ernst. Der Vertrag mit der ÖBB gehört gekündet, ohne Wenn und Aber. Diese Bahntrasse gehört Liechtenstein und das Volk hat entschieden sie will diese Schienen nicht. Mit einem Kündigungsschreiben und einer Reise nach Wien vor den Landtagswahlen könnte Risch ganz gewaltig punkten.

Als die grossen Schleicher nach der S-Bahn-Abstimmung darf man wohl den FBP-Präsidenten Marcus Vogt und den FBP-Fraktionssprecher Daniel Oehry bezeichnen. Für Marcus Vogt schien nach der Abstimmung der Fall von vornherein klar gewesen zu sein. Dass die FBP und VU als Regierungsparteien hinter diesem Projekt standen, schien er auf einmal vergessen zu haben. Dass sich Daniel Oehry mit Vehemenz und grossem Einsatz für die S-Bahn stark gemacht hatte, war am und nach dem Abstimmungssonntag zumindest von seiner Seite nicht mehr zu hören. Auch für ihn war diese Abstimmung eine grosse Schlappe. Dass der Abgeordnete Alexander Batliner im Liechtensteiner Vaterland eine ganze Seite zur Verfügung bekam, um die S-Bahn anzuzweifeln, dürfte auch einigen FBP-Wählern aufgefallen sein und die Stimmung im Lager der S-Bahn-Befürworter in der FBP doch auch ein bisschen in Wallung gebracht haben.

Wo war die Freie Liste? Zählt sie neben der Vaterländischen Union nicht auch zu den ganz grossen Verlierern? Waren nicht alle drei Abstimmungen geradezu Freie Liste-Kost? Hat man ein Wort vom sonst rhetorisch nicht zimperlich agierenden Thomas Lageder von der Freien Liste vernommen? Grosso modo muss man sagen, dass sich die Freie Liste vornehm aus diesem Abstimmungskampf herausgenommen hat. Dafür dürfte sie spätestens bei den Landtagswahlen auch von ihren eigenen Wählerinnen und Wählern eine Antwort erhalten. Dass die Verbündeten der FL, die LGU und der VCL, sich grösstenteils aus dem Abstimmungskampf zur S-Bahn heraushielten, kann man irgendwie nachvollziehen. Denn vor allem der VCL hat in Sachen Verkehrspolitik ohnehin jahrelang den Takt vorgegeben. Es scheint, als ob das Verkehrsministerium von Georg Sele, der einen Verein von gerade mal 350 Mitgliedern anführt, vollumfänglich vereinnahmt wurde. Der VCL und Georg Sele haben am 30. 8. die Quittung erhalten. Es ist höchste Zeit, dass wir Verkehrsexperten reden lassen, die sich für und nicht gegen das Volk einsetzen. Es ist Zeit, dass diese selbst ernannten Verkehr-Gurus ihre Ämtchen abgeben und Leute mit gesundem Menschenverstand ans Werk lassen!

DU, die DPL mit ihrem vermeintlich überparteilichen Komitee «S-Bahn Nein», haben zusammen mit ein paar couragierten Leserbriefschreibern entlang und abseits der Bahnlinie den S-Bahn-Propagandisten den Spiegel vors Gesicht gehalten und auf der ganzen Schiene recht bekommen!
Wenn es dem Wahlvolk bei den Landtagswahlen ernst ist, müssen die Wähler sich halt auch für die Opposition entscheiden. Ansonsten können sie sich dann mit einer FBP/VU oder VU/FBP oder, wie man immer wieder munkeln hört, mit einer VU/FL-Regierung begnügen. Das dürfte und sollte doch zu denken geben.

Die Schienen von Schaanwald bis zur Rheinbrücke Buchs gehören aufgerollt! Die Lösungen liegen auf der Hand. Ja, wir brauchen eine Nord-Lösung, aber nicht in Liechtenstein, sondern in Österreich. Die ÖBB soll eine Verbindung nördlich von Feldkirch mit Verbindung nach Buchs bauen. Natürlich gälte eine solche Lösung auch für die Autobahnverbindung von Österreich in die Schweiz. Dies würde dann ja sicherlich mal die Bärenkreuzung entlasten und vielleicht könnten die Vorarlberger sich die teure Tunnelvariante ersparen. Dass wir Einfluss auf eine solche Lösung haben ist illusorisch, sollten sich aber ein Türchen für eine solche Variante öffnen, sähe ich kein Problem dabei, dass Liechtenstein sich daran auch finanziell beteiligt.

Buspuren, Busbuchten und Gratisbus
Warum bieten wir den ÖV-Service nicht gratis an? Wenn das ÖV-Angebot auch noch in Sachen Fahrplan passt, dann wird er von der Bevölkerung auch positiv aufgenommen. Vielleicht kommt sogar der eine oder andere Tourist ins Land, um von einer solchen Lösung zu profitieren.

Homeoffice
Wie viele tausende Pendler könnten ihre Arbeit von zu Hause aus erledigen und müssten nicht per Auto nach Liechtenstein reisen? Zeigt die derzeit grassierende Corona- Krise nicht auf, dass Homeoffice eine Zukunftslösung sein kann? Selbstverständlich muss grenzüberschreitend gedacht werden. Sei es die Sozialversicherung, sei es Datenschutz – wo ein Wille, da ein Weg. Dahingehend sollten sich unsere Regierungen ernsthaft grenzübergreifend Gedanken machen.

Schienen aufrollen
Das Land Liechtenstein und die Gemeinden haben der ÖBB vor über hundert Jahren diese ganze Trasse geschenkt! Nein, nicht nur geschenkt, sondern 2000 Tage Frondienst gab es oben drauf. Es ist Zeit, dass wir diesen Schienenzopf, von welchem wir Liechtensteiner null Komma null Nutzen haben, abzuschneiden. Wir vertun uns gar nichts, im Gegenteil, die freiwerdende Trasse wird für etwas Besseres genutzt werden können, als Güter von Ost nach West oder umgekehrt zu karren. Sollte unser Verkehrsminister einfach glauben, die Konzession für diese Trasse für weitere 50 Jahre verlängern zu müssen, kann man mit Fug und Recht behaupten, dass er das Ohr nicht beim Volk und somit in der Regierung nichts zu suchen hat.

Liechtenstein ist kein NEIN-SAGER-Volk
Der «Abstimmungssupersonntag» vom 30. August hat nicht nur eine rekordverdächtige Abstimmungsbeteiligung mit sich gebracht, sondern auch Abstimmungsresultate, die in ihrer Klarheit nichts zu deuten übrig lassen. Da können Politologen ihre Weisheiten vor und nach den Wahlen zum Besten geben, wie sie wollen. Tatsache ist, das Volk ist nicht dumm, das Volk beschäftigt sich mit den Vorlagen und vor allem, das Volk lässt sich nicht mit billigen Leserbriefen und durch Marktschreierei beeinflussen. Das Volk weiss, was es will. Stimmbürgerinnen und Stimmbürger, die Nein sagen, sagen letztlich Ja zu sich selbst. Sie vertrauen sich selbst, nicht Blendern oder Schaumschlägern.

Liechtenstein braucht eine starke Opposition
Nie mehr wie jetzt müsste es vielen Leuten einleuchten, was wohl passiert wäre, hätten die Oppositionsparteien DU und DPL nichts gegen diese JA-Sager- Armada unternommen. Die Regierungsparteien FBP und VU hätten zusammen mit den diversen Verbänden und ihren Parteiblättern dem Volk die Wolle über die Ohren gezogen. Und weil ein Grossteil der Stimmberechtigten in solchen Situationen oft nur die Faust im Sack macht, braucht es immer wieder Leute die den Kopf zum Fenster raushalten und den Gegenwind und z.T. niveaulose Angriffe auf die Person wegstecken. Es ist einfach, in der Politik mit dem Strom zu schwimmen. Es ist ein Einfaches, sich hinter der Partei, hinter einer Vorsteherkonferenz, hinter einer Fraktion wegzuducken. Es braucht immer wieder Frauen und Männer, die sich gegen Parteidruck etc. stemmen und standhaft bleiben. Auch wenn es nicht immer leicht fällt, so manchen persönlichen Angriff oder anonymen Brief wegzustecken, sind die Unabhängigen stolz auf ihr Engagement im Dienst der Sache und als Vertreter der unabhängig denkenden und handelnden Bevölkerung.

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