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Anstandsdame

2019 Ausgabe 3 August

Die Sondersitzung des Landtags am 2. Juli, die gemäss Tagesordnung nur einem Traktandum gewidmet war, nämlich der «Analyse der Geschäftsprüfungskommission des Landtages zu den vom Ministerium für Äusseres, Justiz und Kultur über die Konten “Experten, Gutachten und Öffentlichkeitsarbeit“ und „Reisespesen/Repräsentationen“ getätigten Ausgaben», führte, wie wir alle wissen, zur Absetzung von Regierungsrätin Aurelia Frick. Dem Misstrauensantrag wurde im Landtag mit grosser Mehrheit, mit 21 Stimmen bei 23 Anwesenden, zugestimmt. Viel eindeutiger können Entscheide der Volksvertretung kaum ausfallen. Doch es gibt offensichtlich etliche Liechtensteinerinnen und Liechtensteiner, die sich von diesem Landtag nicht vertreten fühlten. Der Ruf nach Neuwahlen war laut und deutlich – aber auch etwas hilflos und unbedarft.

Die Hauptakteure, die nach Neuwahlen riefen, brachten es nicht auf die Reihe. Anstatt Unterschriften für eine entsprechende Initiative zu sammeln, wurden ein paar Sitzungen abgehalten und eine, wie’s aussieht, eher regungslose, «Bewegung für politischen Anstand» gegründet. Die «Zielsetzung» dieser Bewegung kann man auf anstand.li nachlesen.

«Die «Bewegung für politischen Anstand» setzt sich für einen respektvolleren Umgang in der Politik, Ehrlichkeit, eine Rückkehr zur Sachpolitik und einen verantwortungsvollen Umgang mit Geldern ein. Sie ist überparteilich und ohne Rechtsform.»

Was könnte das bedeuten?

«Respektvollerer Umgang in der Politik»?

Respektvoller als wer oder was?

«Ehrlichkeit?»

Wer war unehrlich: Die Geschäftsprüfungskommission? Der Landtag?

«Rückkehr zur Sachpolitik»?

Wie viele «Sachen» müsste die GPK aufführen oder in einen 250-seitigen Bericht stecken, damit auch die «Anständigen» merken, dass es um ein paar konkrete Sachen ging und nicht um eine Aurelia oder einen Aurelio?

«Verantwortungsvoller Umgang mit Geldern?»

Wem sagen die Anständigen das?

Die «Bewegung für politischen Anstand» sei überparteilich und ohne Rechtsform. Wie soll man das verstehen? Die Anständigen sehen sich anscheinend als politische Bewegung, die sich aber nicht auf den Niederungen der (Partei-)Politik bewegen will.

Die «Bewegung für politischen Anstand» will keine Rechtsform haben? Sie will sich um den Anstand in der Politik bzw. in gesellschaftlichen Angelegenheiten kümmern, will aber keine Rechtsform. Die «Bewegung» will also kein Verein, keine Partei sein. Aber wenn sie sich um den Anstand in der Politik Sorgen macht, diese Bewegung, was ist sie dann?

Einfach eine Anstandsdame?

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