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Ehrenwerte Herren: Back to the Future

2019 Ausgabe 1 Februar Autor: Jürgen Beck

Ich habe an dieser Stelle schon mehrfach darüber sinniert, was denn die gerechte Strafe für Betrüger sei, die das Vertrauen ihrer Kunden missbraucht und der Reputation Liechtensteins Schaden zugefügt haben. Was macht eigentlich ein verurteilter Millionenbetrüger nach Verbüssen seiner Strafe?

Erinnern wir uns an den Fall Michael Seidl. Dieser wurde 2013 wegen Anlagebetrugs mit seiner Firma Money Service Group vom Obergericht des Fürstentums Liechtenstein zu einer Freiheitsstrafe von sieben Jahren verurteilt. Der Fall erregte nicht zuletzt grosses Aufsehen, weil eines der prominenten Opfer des Betrügers kein geringerer als der ehemalige Formel eins Pilot Niki Lauda war.

Aufhorchen liessen nun die Vorgänge in Österreich, nachdem der NEOS-Nationalratsabgeordnete Gerald Loacker eine Anfrage an den Justizminister Josef Moser (ÖVP) gestellt hatte, in der er sich wunderte, weshalb ein deutscher Staatsbürger, der in Liechtenstein und der Schweiz verurteilt worden sei, bei der Integra in Vorarlberg eingestellt   worden sei. Dazu muss man wissen, dass die Integra ein gemeinnütziger Verein ist, bei dem die Arbeiterkammer Vorarlberg zu 38,5 % der grösste Gesellschafter ist. Die Integra führe laut Loacker mit mehreren Millionen Euro Aufwand pro Jahr Projekte des Arbeitsmarktservice und es erschliesse sich nicht automatisch, warum österreichische Zwangsmitgliedszahler zur AK für die Resozialisierung eines deutschen Staatsbürgers aufkommen sollten.

Michael Seidl, der sich nun Mika Seidl nennt, habe in der Haft in Feldkirch Jus studiert und habe sich eine Chance auf Resozialisierung bzw. einen Neuaufbau seines Lebens erarbeitet und sich positiv entwickelt, so der Integra Geschäftsführer Stefan Koch. Seidl hätte sich, gemäss Koch, 2015 als Freigänger im gelockerten Vollzug erfolgreich als Praktikant beworben und 2016, als er aus der Haft entlassen worden sei, sei gerade eine Stelle frei gewesen. Aufgrund der positiven Erfahrungen während des Praktikums sei ihm die Chance des Wiedereinstiegs gewährt worden. So weit, so gut.

Aber Ende gut, alles gut?

Anscheinend nicht, denn mittlerweile wurde das Arbeitsverhältnis mit Herrn Seidl aufgelöst, da man nun erfahren habe, dass Seidl noch einen Anteil einer Haftstrafe von sieben Monaten offen habe, was dieser der Integra verschwiegen habe.

Nun droht der Integra weiteres Ungemach. Laut einer Meldung in den Vorarlberger Nachrichten vom 22. Januar 2019 habe ein ehemaliger Mitarbeiter Anzeige bei der Finanzpolizei wegen angeblicher Datenfälschung eingebracht und der Klubobmann der SPÖ, Michael Ritsch, will die Angelegenheit im Kontrollausschuss des Landes behandelt wissen.

Ein Urteil steht mir nicht zu, aber ich frage mich schon, ist das nun eine gerechte Strafe oder eher eine spezielle Form der Fürsorge für einen Mann, der sich ausserhalb der gesellschaftlichen und gesetzlichen Normen bewegt hat? Ich überlasse die Antwort dem Leser. Resozialisierung und Reintegration in allen Ehren, aber Schuld verlangt auch immer angemessene Sühne. Was nützt ein Strafgesetzbuch, wenn Straftäter keine Strafen mehr verbüssen müssen?

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