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Ehrenwerte Herren: Was wäre eine angemessene Strafe?

2018 Ausgabe 4 Oktober Autor: Jürgen Beck

«Wenn der Treuhänder in die Kasse greift» – so lautete die Überschrift über einem Artikel der Frankfurter Allgemeinen (FAZ) vom 30.08.2018.

Der Artikel befasst sich mit dem ehemaligen Vorsitzenden des Staatsgerichtshofs, Harry Gstöhl. Wir erinnern uns: Dieser wurde im November 2017 wegen Untreue, schweren Betrugs und Geldwäsche zu sechs Jahren Haft verurteilt.

Am 18. Oktober fand eine weitere Verhandlung statt und der ehemalige Präsident des Staatsgerichtshofs wurde zu zwei weiteren Jahren Haft verurteilt. Dem ehemaligen Treuhänder wurde Untreue in drei Fällen und Betrug in 16 Fällen, sowie Veruntreuung, Geldwäsche und ein Verstoss gegen das Waffengesetz vor-

geworfen. Nach Einschätzung von Staatsanwalt Wallner, so berichtete die FAZ schon im August, soll der verursachte Vermögensschaden doppelt so hoch wie im ersten Fall gewesen sein: «In der neuen Anklageschrift gehen wir von einer weiteren Deliktsumme von rund 28,5 Millionen Franken aus. Dass die FAZ verständlicherweise zur Auffassung kommt, dass es sich bei diesem Fall um den grössten je in Liechtenstein verhandelten Betrugsfall handelt, dem kann ich leider nicht widersprechen.»

Der Journalist Johannes Ritter griff im gleichen FAZ Artikel den Fall Staggl auf. Er, Mario Staggl, soll über 20 Millionen Franken seiner Kunden veruntreut haben.

Es fällt schwer, dem Argument, dies seien systembedingte Vorfälle, nicht zu folgen. Zu verführerisch und zu einfach ist diese Einschätzung.

Auch wenn ich nicht der Meinung bin, dass wir die Finanzplatzskandale letztlich unserem «System» verdanken: Dem Ruf unseres Landes schaden solche Fälle alleweil. Meiner Meinung nach muss es uns einfach gelingen, die kriminelle Energie, die hinter solchen Finanzdelikten steckt, zu unterbinden. Dies lässt sich nicht alleine durch mehr Vorschriften und Gesetze erreichen. Die rechtschaffenen und auch «recht schaffenden» Finanzdienstleister bilden die Mehrheit, aber auch sie werden durch neue Reglementierungen immer mehr eingeschnürt, also unverdientermassen bestraft. Im Bemühen, kriminelle Energie zu unterbinden bzw. Finanzplatzdelikten mit immer neuen Gesetzen vorzubeugen, schwächen wir die Akzeptanz unserer Strafgesetzgebung. Es kann nicht sein, dass sich wegen allzu «scharfer» Gesetzgebung rechtschaffene Finanzdienstleister ständig so fühlen, als stünden sie mit einem Bein bereits im Kittchen, und wirklich Kriminelle sich kaum einschüchtern oder vor Untaten abschrecken lassen.

Kriminelle, die das Vertrauen ihrer Kunden missbrauchen, müssen wissen, dass die Liechtensteiner solches Tun stark verurteilen. Wenn die Schuld erwiesen ist, muss das Strafmass entsprechend hoch ausfallen.

Der Schaden, der dem liechtensteinischen Volk zugefügt wurde, muss auch «moralisch» abgegolten werden. Nicht umsonst, denke ich, werden in unseren Gerichten Urteile «im Namen von Fürst und Volk» gefällt. Als Volk dürfen wir also auch Strafen fordern, die erwiesene Übeltäter bestrafen, ohne einen ganzen Berufsstand, die Finanzdienstleister, mit einer ungerechtfertigten «Schuldvermutung» zu brandmarken.

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