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FBP und VU: Garanten der Stabilität?

2018 Ausgabe 4 Oktober Autor: Harry Quaderer

FBP und VU sehen sich gerne und präsentieren sich noch lieber als staatstragende Parteien und Garanten der Stabilität unseres Staates. Den Eindruck hat man allerdings nicht immer, wenn man den beiden, seit je in einer Koalition verbandelten Parteien zuschaut. Im Oktober-Landtag bewiesen sie wieder einmal das Gegenteil.

Anlass für die folgenden Ausführungen ist die Aussage von  VU-Fraktionssprecher und Balzner Vorsteher-Kandidat Günter Vogt, dass er in den Kleinparteien eher eine Gefahr als eine Bereicherung für die liechtensteinische Politik sehe. Grosse Parteien seien Garant für Stabilität, so Vogt. Ihm scheint es egal zu sein, dass seit den letzten Gemeinderatswahlen in Balzers rund 16% der Wählerinnen und Wähler nicht im Gemeinderat vertreten sind. (Bekanntlich bekamen die Kandidaten der Freien Liste und der Unabhängigen kein Gemeinderatsmandat, obwohl sie insgesamt von 16% der Wählerschaft gewählt wurden.) Die politische Stabilität unseres Landes, meinen Vogt und Konsorten, steht auf den zwei Säulen FBP und VU und verkennen dabei, dass alles fester und sicherer steht, was drei (oder mehr) Standbeine hat.

Radio L und LED

Gleich zu Beginn der Landtagsdebatte stellte FBP-Fraktionssprecher Daniel Oehry den Antrag auf ein Sondertraktandum: Er wollte eine Grundsatzdiskussion über die Zukunft von Radio L. Dass Radio L sich in finanzieller Schieflage befindet, ist bekannt. Radio Liechtenstein, das im Ressort des VU-Regierungsrats (und Vize-Regierungschefs) Daniel Risch angesiedelt ist, soll einen Investitionszuschuss von über 2 Millionen Franken plus zusätzlich noch einen neuen jährlichen Staatsbeitrag von 2.1 Millionen Franken erhalten. Da wollte die FBP-Fraktion die Grundsatzdebatte nicht erst im November führen. Nein, man wollte dem Ressortinhaber Daniel Risch, der die Oberaufsicht über Radio L unter sich hat, schon im Oktober die Rute ins Fenster stellen. Bling, und schon leuchtet die Anzeigetafel: VU-Fraktionssprecher Günter Vogt meldet sich zu Wort. Die VU-Fraktion befürworte  das Sondertraktandum der FBP, seine Fraktion stelle nun aber auch einen Antrag auf ein Sondertraktandum, und zwar in Sachen Liechtensteiner Entwicklungsdienst (LED). Der LED untersteht der Oberaufsicht von der FBP-Regierungsrätin und Aussenministerin Aurelia Frick.

Damit stand es schon mal unentschieden zwischen den staatstragenden Garanten der liechtensteinischen Stabilität. Nach wie vor läuft der Match nach altbekanntem Schema ab: Was ihr könnt, können wir auch. Mit ihren Spielchen überdecken FBP und VU die Tatsache, dass sie mit ihren «politischen» Besetzungen bei Radio L, LED und anderen staatlichen Unternehmen massgeblich zu deren Krisen beigetragen haben und – wie‘s aussieht – weiterhin beitragen.  Oder etwa nicht?

Datenschutzgesetz und Datenschutzgrundverordnung

Aufgrund der Übernahme der DSGVO der EU in das EWR-Abkommen hatte der Landtag die Totalrevision des Datenschutzgesetzes (DSG) im Juni in erster Lesung behandelt. Dieses Monstergesetzwerk wurde im Oktober in 2. und 3. Lesung behandelt.  Auch bei dieser Vorlage schienen sich die VU- und FBP-Garanten für Stabilität in ihrer Uneinigkeit gegenseitig übertreffen zu wollen. Ging es um übereifrige Profilierungssucht einiger Abgeordneten oder  ging es ganz einfach darum, der Justizministerin zu zeigen, wo der Bartle den Moscht holt? Ein Monsterkonzert für Juristen und Möchtegern-Juristen des Hohen Hauses. Man fühlte  sich in der 2. Lesung in eine Eintretensdebatte versetzt.  Es wurden frisch fröhlich Änderungsanträge gestellt, die dann auch noch Mehrheiten fanden. Dem Landtagspräsidenten schien derweil mehr als einmal das Ruder aus der Hand zu gleiten.

Schauen wir uns zwei Anträge genauer an. Gemäss Regierungsvorlage sollte der oder die Leitende Datenschutzbeauftragte ausschliesslich im Aufgabenbereich der Regierung liegen. Die Regierung macht die Kandidatenselektion, sie stellt an, sie kann auch entlassen. Dies als Änderung des bisherigen Prozedere, in welchem die Regierung die Personenselektion macht und der Landtag dann die Nomination vornimmt oder auch nicht. Ein Unding, welches man bereinigen wollte. Entweder Landtag oder Regierung. Dass beide die Finger im Spiel haben im Sinne eines «zweigliederigen» Systems macht überhaupt keinen Sinn. Ein Unding, das schon in der Vergangenheit für Diskussionen sorgte, und man wollte meinen, dass der Landtag dies auch so sah. Falsch! Die Rolle rückwärts wurde gemacht. Auf Antrag eines FBP-Abgeordneten (!), eines Parteigenossen der zuständigen Ministerin, fand dieser Vorschlag eine Mehrheit von 13 Ja-Stimmen. Man darf sich fragen, ob dieses Vorgehen in der FBP-Fraktion zusammen mit der Justizministerin und dem Herrn Regierungschef besprochen wurde?

Blackout im Landtag?

Nach etlichen Stunden des Kampfes mit dem Datenschutzgesetz ging es zur Abänderung einiger Spezialgesetze, darunter natürlich auch das Bankengesetz. Wiederum stellte derselbe FBP-Abgeordnete einen Antrag auf Abänderung einer Gesetzespassage. Dies auf Bitte des Bankenverbandes, wie er selber erklärte. Da müssen sich Regierung und Landtag schon langsam fragen, wer informiert wen und wer steht hinter solchen Änderungsvorschlägen? Die Regierung betonte, dass sie Monate lang mit dem Bankenverband diese Gesetzesvorlage durchgekaut habe, und dieser stehe vollumfänglich hinter der Regierungsvorlage. Dann kommt aus blauem Himmel ein Antrag eines Abgeordneten, der dann auch noch behauptet, dass sein Änderungsantrag mit dem Bankenverband besprochen sei. Müsste man hier nicht von «Nebenrücksichten» reden? Laut Verfassung sollen die Mitglieder des Landtags das Wohl Liechtensteins «ohne Nebenrücksichten nach bestem Wissen und Gewissen fördern», aber nicht Wünsche von Verbänden vorbringen.

Der Änderungsantrag wurde allerdings nicht fristgerecht eingereicht und wurde deshalb vom Landtagspräsidenten nicht zur Abstimmung zugelassen. Obwohl der Landtag, wie der Landtagspräsident süffisant betonte, «alles kann», darf auch er eines nicht: sich über die «selbst gemachten» Gesetze hinwegsetzen!  Also kam die Regierungsvorlage zur Abstimmung. Sie wurde mit 13 Stimmen abgelehnt !!!  Was für eine  Realitätsverweigerung: ein Armutszeugnis für den Landtag.

Wollte der Landtag den grössten Steuerzahlern und Arbeitgebern unseres Landes eins auswischen oder waren sich einige Abgeordnete einfach nicht bewusst, was sie taten? So nach dem Motto: Denen auf der Regierungsbank zeigen wir‘s jetzt mal. Wohl beides könnte zutreffen.

Der Landtag gab sich mit diesem Vorgehen nicht nur der Lächerlichkeit preis, er riskierte auch seine Handlungsfähigkeit und Auflösung, wäre nicht ein Rückkommensantrag (von demselben FBP-Abgeordneten) gestellt worden, der dann eine Mehrheit von «nur» 20 Stimmen fand.

Tun Garanten der Stabilität so etwas? Wer trägt die Verantwortung für das unwürdige Kasperltheater im so genannten Hohen Hause?

Postdebakel

Und wer jetzt immer noch nicht genug hat von den angeblichen Staats-Stabilisatoren FBP und VU, soll sich ganz einfach noch folgendes Schmankerl auf der Zunge zergehen lassen: Die Regierung verzichtet auf eine Klage gegen die ehemalige Post-Führungsequipe, die mit fragwürdigen Auslandsinvestitionen einen zweistelligen Millionenbetrag in den Sand setzte. Die Regierung hütet sich, ein Exempel zu statuieren. Konnte man eigentlich erwarten, waren doch die Regierungsparteien, unsere schwarz-roten Garanten, massgeblich beteiligt an diesem Fiasko.

Der Wirtschaftsminister hat wohl recht, wenn er sagt, dass man mit einer Klage sehr viel gutes Geld dem schlechten hinterher geworfen hätte. Trotzdem hinterlässt dies alles einen sehr faden Beigeschmack. Hätte die Regierung nicht noch andere Möglichkeiten gehabt, gewisse Herren in die Verantwortung zu nehmen? Sofortiger Rücktritt aus öffentlichen Ämtern? Keiner dieser Herren soll jemals wieder ein öffentliches Amt übernehmen?

Wäre es auch nur zu einer «symbolischen» Bestrafung gekommen, hätte man immerhin denken können, jawohl die Regierung scheut nicht davor zurück, auch mal einer Dame oder einem Herrn in ihren eigenen Reihen die rote Karte zu geben.

Kascht denka – so läuft das natürlich nicht bei uns. Das Postdebakel wird nicht sauber abgeschlossen, es hat letztlich für keinen der Verantwortlichen Konsequenzen. Die Koalitionsregierung beschliesst, keine rechtlichen Schritte einzuleiten. Stattdessen kündigt die FBP-Fraktion, also im Grunde einer der Koalitionspartner, eine Untersuchung der Entscheidung an, die zwar faktisch vom zuständigen Ressortinhaber, namentlich vom VU-Regierungsrat und Regierungschef-Stellvertreter Daniel Risch getroffen wurde, für die aber eigentlich die Koalitionsregierung als Ganzes die Verantwortung zu übernehmen hätte.

Die Koalition untersucht sich also selber. Mit andern Worten: Die Garanten garantieren sich gegenseitig nur eines, nämlich die Stabilität der für sie vorteilhaften Koalition nie ernsthaft in Frage zu stellen. Nur weiter so…

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