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Liberale Werte – in Stein gemeisselt

2021 Ausgabe 1 Januar 2021 Autor: Ado Vogt

Ado Vogt, Triesen

Aufgewachsen bin ich im Brüel in Balzers. In unserem Quartier gab es viele Kinder im gleichen Alter, gespielt wurde auf der Strasse, die oft kurzerhand zum Fussball- oder Tennisplatz umfunktioniert wurde. Da es keinen Durchgangsverkehr gab, nahmen die Anwohner Rücksicht und fuhren Slalom durch unsere «Spielplätze». Es war eine herrliche Zeit.

An Wochenenden und in den Ferien durfte ich viel Zeit bei den Grosseltern mütterlicherseits verbringen, die jahrelang Alpen in der Schweiz bewirtschafteten und im Alter immer noch viel Zeit auf Alpen und in Alphütten verbrachten. Dort lebte man spartanisch, Wasser wurde im Brunnen zwischen Hütte uns Stall geschöpft, Strom gab es nur aus der Batterie und Licht wurde mit Petrollampen erzeugt. Dem Bauer, der auf der Sommerweide die Kühe sömmerte, durfte man helfen, etwa den Stall auszumisten oder die Melkmaschine zu bedienen. Noch heute wandere ich gerne durch diese Alpen. Eine prägende Zeit.

Das Studium der Internationalen Wirtschaftswissenschaften absolvierte ich in Innsbruck und in den Vereinigten Staaten. Obwohl ich vorher schon viele Reisen machen konnte, war ich erst im Studium so richtig weg von zu Hause und lernte, mich in einem neuen Umfeld zu behaupten. Nach dem Studium arbeitete ich für kurze Zeit in der gewerblichen Industrie, bis mich dann, entgegen meiner Absicht, der Ruf der Steinbranche weckte: Es galt, einen Betrieb in Zürich als Geschäftsführer zu übernehmen.

Ich wuchs in einer «Steinfamilie» auf, Grossvater Edwin Vogt war Steinmetz, mein Vater, mein Onkel, mein Bruder und mein Cousin waren oder sind immer noch in der gleichen Branche tätig. Dennoch hatte ich mich eher in der klassischen Industrie gesehen. Doch in bester Tradition der Steinmetze, die seit je als besonders unabhängig und Stolz auf ihren Beruf gelten, wollte ich es mir beweisen. Mittlerweile bin ich zurück in Liechtenstein, führe mein eigenes, kleines Unternehmen, berate Bauherren und Generalunternehmer und führe selbst kleinere Projekte aus.

Nach vielen Jahren, die ich nun direkt oder indirekt in der Steinbranche tätig bin, stelle ich immer wieder fest, mit welcher Schönheit der Natur ich direkt in Berührung komme: Steine aus der ganzen Welt, in einer Vielfalt, Farbenpracht, die man sich fast nicht vorstellen kann. Mein Interesse an Geschichte und Geographie, an Reisen und Fremdsprachen kombiniert sich und hat meine Leidenschaften zu einem der schönsten Berufe gemacht, den ich mir nur erträumen kann. Wenn ich etwa in Italien Marmor einkaufe, so besuche ich in der Toskana nicht nur Steinbrüche, sondern begegne jedes Mal der einzigartigen Steinmetztradition solcher Städte wie Florenz, Carrara und Lucca. Geschichte in Stein gemeisselt!

Hier schliesst sich der Kreis: ich bin in einer liberalen Unternehmerfamilie aufgewachsen. Wichtig war uns immer, selbstständig zu sein, mit wenig Einschränkungen, aber auch ohne übertriebene Ansprüche an den Staat. Diese Werte vertrete ich seit vier Jahren im Landtag. Ich bin fest davon überzeugt, dass jedes zusätzliche Gesetz Aufwand und somit Kosten verursacht. Der Staat soll zwar Rahmenbedingungen schaffen, aber sich keinesfalls zu sehr ins tägliche Leben einmischen. Wertschöpfung, Innovation und somit Steuereinnahmen werden in der Privatwirtschaft generiert, nicht in der Politik, in der Verwaltung oder in Nichtregierungsorganisationen. Ich plädiere seit jeher, die laufenden Staatsausgaben einzuschränken, keinesfalls auszubauen.

Für meine Haltung gibt es einen einfachen Grund: Wenn man jemandem einen Franken gibt und danach – wegen etwa durch eine Krise verursachte Sparmassnahmen – wieder 10 Rappen wegnimmt, wird man sich nur an die 10 Rappen erinnern. Die 90 Rappen, die man bekommen hat, werden als selbstverständlich angeschaut. So kommen mir oft die Diskussionen im Landtag vor. Für jede zusätzliche Aufgabe des Staates braucht es automatisch mehr Stellen, mehr Budget, mehr Büros. Dass die Mehraufgaben durch Gesetze entstehen, die oft der Verwaltung entspringen, ärgert mich am meisten. (Ado Vogt)

 

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