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Mit FL.A.CH werden wir nur flach rauskommen
Am «Super-Abstimmungssonntag», am 30. August 2020, darf das Volk über drei Sachen entscheiden: über den Verpflichtungskredit für die S-Bahn FL.A.CH von 71.3 Mio., über die Doppelte Staatsbürgerschaft für Schweizer und EWR-Angehörige wie auch über die Verfassungsänderung, die mit der Initiative «HalbeHalbe» gefordert wird.
Die Abstimmungskampagnen haben praktisch schon nach dem Juni-Landtag (3./4./5. Juni) begonnen. Vor allem in Sachen S-Bahn scheut die Regierung keine Kosten für Anzeigen in den Landeszeitungen und Wurfsendungen an alle Haushalte und natürlich erhält die Lie:Zeit nach der Rückkehr von Johannes Kaiser in die FBP auch wieder seitenweise Aufträge. Das Ministerium vom Regierungschef-Stellvertreter Daniel Risch lädt die Bevölkerung zu Informationsanlässen in allen Gemeinden des Landes ein. «Damit Liechtenstein auch in Zukunft gut fährt», so der Slogan. Bedenklich und demokratiepolitisch verwerflich fährt die Regierung eine Kampagne in allen Gemeinden, ohne auch nur einen «Gegner» dazu auf die Bühne einzuladen. Solche Anlässe kann man eigentlich nur als Gehirnwäsche bezeichnen.
S-BAHN FL.A.CH
Die wesentliche Frage, die sich die Stimmbürgerin und der Stimmbürger stellen sollte: Was ist der Sinn und Nutzen eines Ausbaus der Eisenbahnstrecke Feldkirch – Buchs für eine S-Bahn Liechtenstein? Kostenpunkt: 71.3 Mio. Jährlicher Unterhalt im Minimum 2 Mio. Franken. Dazu dürfte nochmals ein grösserer zweistelliger Millionenbetrag kommen, damit in der Gemeinde Schaan ein kompletter Verkehrskollaps vermieden werden kann. Sollte die S-Bahn nämlich akzeptiert und gebaut werden, wie es den S-Bahn-Fans vorschwebt, werden in Schaan jede Stunde eine Viertelstunde lang die Schranken runter sein und den Strassenverkehr blockieren. Dass die ÖBB keinen müden Rappen für eine Lösung zur Verhinderung des Verkehrskollapses in Schaan beitragen werden, ist anzunehmen. Da muss dann halt die Gemeinde Schaan und das Land zahlen. Mit FL.A.CH werden wir ganz einfach flach rauskommen.
Knackpunkt Schaan
Eine von drei Varianten soll Schaan entlasten. Wer’s glaubt wird selig. So zumindest eröffnet sich mir die Situation, nachdem ich das Interview der Herren Daniel Risch (Regierungschef-Stellvertreter) und Daniel Hilti (Vorsteher) anfangs Juni im Vaterland gelesen hatte. Thema dieses Interviews: Das Land und die Gemeinde Schaan sollen bis nächsten Sommer die Lösungen vorlegen, wie das durch die S-Bahn verursachte Verkehrsproblem in Schaan gelöst werden kann. Kurz zusammengefasst: Daniel Risch möchte, dass drei Varianten geprüft werden, nämlich die Absenkung der Strassen, die Absenkung der Bahn und die Weiterführung des Industriezubringers. Auch die Nordumfahrung bzw. Nordschleife soll langfristig weiterverfolgt werden. So weit so gut.
Dazu aber kommt dann gleich die ernüchternde Antwort des Vorstehers Daniel Hilti: «Eine Absenkung der Strassen kommt für mich nicht infrage. Das ist schlicht nicht machbar.» Damit wäre dann wohl eine der drei Varianten schon mal aus dem Rennen genommen. Was bleibt übrig. Eine Absenkung der Bahnlinie? Eine Nordschleife? Wann? In 20 oder in 100 Jahren? Eine realistische Lösung für Schaan wird sehr, sehr lange Zeit dauern.
Für die Schaaner hat die S-Bahn mit Sicherheit die negativste Auswirkung. Nehmen wir an, die Liechtensteiner stimmen dem Verpflichtungskredit für die S-Bahn zu, die Schaaner lehnen diesen aber mehrheitlich ab. Wie werden wir damit umgehen? Kann Liechtenstein überhaupt eine akzeptable Lösung finden, ohne den Schaanern auf die Füsse zu treten?
Die Schranken, die gute 15 Minuten pro Stunde horizontal stehen, werden den Individualverkehr schlicht und einfach zum Erliegen bringen. Du heilige Güte, nicht einmal eine Unter- oder Überführung beim Industriezubringer konnte realisiert werden! Da haben die Damen und Herren der Freien Liste, der VCL und die LGU volle Arbeit geleistet. Nur ganz knapp konnte an der Urne erreicht werden, dass der Industriezubringer überhaupt gebaut wurde. Das Stimm- und Wahlverhalten einiger VU-Mandatare spricht Bände. Die damalige Verkehrsministerin hatte als Landtagsabgeordnete noch ein klares NEIN zum Industriezubringer abgegeben, musste dann aber als Verkehrsministerin der Regierung Tschütscher den Industrie-
zubringer mit Glanz und Gloria einweihen. Bei der Eröffnung des Industriezubringers sprach sie dann von einem «Generationenprojekt». Woran sollen sich die Leute orientieren, wenn die Hauptverantwortlichen derart herumlavieren und ihre Meinung in kurzer Zeit um 180 Grad ändern?
Zurück zur S-Bahn, zur Freien Liste, zum VCL, zur LGU und zu Vorsteher Daniel Hilti. «Der Versuch, das Problem nur auf der Strasse lösen zu wollen, würde scheitern. Zuerst müssen wir definitiv den öffentlichen Verkehr fördern. Erst wenn in diesem Bereich kein Potenzial mehr vorhanden ist, können und dürfen wir auch strassentechnisch weiterdenken». So Daniel Hilti.
Damit dürfte nun der Schaaner Vorsteher den Damen und Herren des VCL und der LGU und der Freien Liste komplett auf den Leim gegangen sein. Glaubt er wirklich, dass die S-Bahn den Strassenverkehr auch nur um ein Tausendstel entlasten würde? Eine Bahnstrecke, die 80% der liechtensteinischen Gemeinden nicht tangiert. Glaubt er und glaubt die Schaaner Bevölkerung, dass – wenn die Schranken in Schaan noch häufiger und länger unten sind – dies zu einer Entlastung des Strassenverkehrs führen wird?
Dann kann ich nur sagen: Lieber Daniel, in allen Ehren, was du für Schaan geleistet hast, aber den Leuten schmackhaft machen zu wollen, dass mit einer S-Bahn der Verkehr in Schaan (oder auch im ganzen Land) abnehmen wird, nehme ich weder Dir noch dem VCL-Georg Sele ab. Vor allem nicht, weil ich der felsenfesten Überzeugung bin, dass – sollte das Volk JA zur S-Bahn sagen – es in Schaan das Gegenteil von einer Entlastung geben wird – ausser man verbietet dem Volk, Auto zu fahren. Für eine solche Umerziehungsanordnung bräuchte es dann wohl eine Freie-Liste-Alleinregierung.
Von Sinn und Nutzen der S-Bahn für das Unterland habe ich noch keine einzige vernünftige Aussage gehört. Sinn und Nutzen für die Industrie? Ja, wer steigt wohl in Nendeln aus, damit er zum grössten Arbeitgeber, der Thyssen-Krupp-Presta, nach Eschen gelangt? Wie viele Personen steigen ein und aus im Schaan Forst-Hilti? Wie viele Personen steigen ein und aus in Schaan? Ich möchte mich nicht in Zahlenspielereien begeben, jede und jeder kann sich doch selbst mal die Mühe machen und zählen, wie viele Passagiere im Liechtensteiner Takt zur Arbeit nach Liechtenstein kommen. Warum haben die Hilti AG und Thyssen-Krupp Presta solche Parkhäuser gebaut? Weil sie davon ausgehen, dass die Pendler künftig mit der S-Bahn anfahren werden? Warum baut die Gemeinde Bendern ein Parkhaus? Für die Arbeiter, die nach Liechtenstein kommen, ist und bleibt das Auto nicht nur das schnellste, sondern auch einfachste Transportmittel. Welchen Nutzen hat die S-Bahn für Ruggell, Eschen, Bendern, Schellenberg, Vaduz, Triesen, Triesenberg, Balzers oder auch Planken? Welchen Nutzen für das Kleingewerbe? Wer glaubt, ein Vorarlberger Bankangestellter werde mit der S-Bahn nach Schaan tuggern und dann mit dem Bus nach Vaduz?
Internationale Erreichbarkeit
Jetzt soll mir noch einer mit einem Argument kommen, dass Liechtenstein international nicht bzw. zu wenig gut erreichbar sei. Weder von Banken noch von der Industrie noch irgendwo sonst her habe ich jemals ein solches Argument gehört. Wurden Umsätze und Gewinne in irgendeiner Weise durch die angebliche Unerreichbarkeit geschmälert? Wird sich unsere Wirtschaft durch eine S-Bahn auch nur einen Millimeter ändern oder verbessern? Kaum. Der Grossteil der liechtensteinischen Industrie ist auf den Export angewiesen. Dieser Export wird durch die S-Bahn mit Sicherheit nicht begünstigt, ja ich wage zu sagen, eher gebremst, weil der Strassenverkehr in der industriestärksten Gemeinde, nämlich Schaan, zum Stillstand kommen wird.
Und noch was zum Thema internationale Anbindung. Noch nie hat sich ein Liechtensteiner oder eine Liechtensteinerin beklagt, dass er/sie sich international nicht angebunden fühlt. Wie auch? Wir haben Bahnhöfe in Sargans und Buchs und Feldkirch. Diese können per Auto oder auch Bus erreicht werden. Ditto Flughafen Zürich oder sogar München. Die internationale Erreichbarkeit ist nicht das Problem. Das Problem liegt eher im nationalen Strassennetz und dessen Anbindung zur Aussenwelt. Da müssen wir investieren!
Mobilitätskonzept 2030
Das Ministerium für Infrastruktur, Wirtschaft und Sport unter Regierungschef-Stellvertreter Daniel Risch hat ein Konzept vorgelegt, das allumfassend daherkommt. Man darf sagen, über die letzten 30 Jahre wurden genügend Studien und Konzepte erarbeitet, die halt immer wieder in einer Schublade landeten. All diese Papiere wurden jetzt entstaubt, schön verpackt und in einem schön gebundenen Büchlein als Mobilitätskonzept 2030 aufgetischt. Dass Daniel Risch dieses Eisen angepackt, dafür zolle ich ihm und seinem Team Respekt. Ich erkenne durchaus den Sinn und Nutzen dieses Konzeptes, für mich ist es aber schlicht und einfach ein Unding, die Umsetzung des Gesamtkonzeptes von der S-Bahn abhängig zu machen! Ja, ich bin fast geneigt zu sagen, schon wieder gehen wir dem VCL, der LGU und der Freien Liste auf den Leim. Das Pferd wird sprichwörtlich von hinten aufgezäumt. Das ist doch offensichtlich.
Ein klares und überzeugtes Nein in die Urne
Im guten Wissen, dass die Regierung und auch viele Exponenten, die natürlich nicht ganz uneigennützig uns den Sinn und Nutzen mit Enkeltauglichkeit, mit internationaler Anbindung, mit Wirtschaftsstandort und Wirtschaftsregion und weiss Gott noch was allem die S-Bahn, dem Stimmvolk schmackhaft machen wollen, bleibt für mich ein ganz fader Beigeschmack und ich hoffe, dass das Stimmvolk das mehrheitlich auch erkennen und den Verpflichtungskredit entsprechend ablehnen wird.
Was wäre meine Lösung?
Wie schon mal vorgeschlagen: Ich würde den öffentlichen Verkehr in unserem Lande franko gratis anbieten. Diese Kosten müssten aber kompensiert werden, so dass die staatlichen Ausgaben nicht in die Höhe schnellen. Die Schliessung der Botschaft in Strassburg wäre da schon mal eine Idee. Aber es gäbe wohl noch genügend andere Lösungen.
Dies das Eine. Das Wesentlichere aber ist, wie versuche ich aus einer Bahn, die derzeit nur 20% des Landes tangiert, eine Bahn zu machen, die 100% des Landes etwas bringt?
Ein im Jahre 1905 eingereichtes Konzessionsgesuch für eine Schmal-
spurbahn zwischen Schaan und Landquart, die von Schaan durch Vaduz, Triesen und Balzers hätte geführt werden sollen, wurde in Bundesbern abgewürgt. Was fällt da diesen Liechtensteinern ein, die SBB zu konkurrenzieren, war wohl der Gedanke. Eine Schmalspurbahn durchs ganze Land, das hätte eine vernünftige Lösung sein können. Aber eben: Das Rad lässt sich nicht zurückdrehen.
Die allerbeste Lösung!
Nun ich komme nicht darum rum zu sagen, was ich schon mal vor Jahren gesagt habe: Diese Schienen von Schaanwald bis zum Rhein bei Schaan gehören aufgerollt. Basta. Die ÖBB würde besser daran tun, eine direkte Schienenverbindung für ihren Gütertransport von Feldkirch direkt ans Schweizer Schienennetz zu schaffen. Oder auch nördlich von Feldkirch. Es wäre kürzer und effizienter und wohl auch sicherer! Hat uns die Regierung schon mal aufgeklärt, was für Gefahrengüter bei Nacht und Nebel durch unser Land gekarrt werden?
Das wohl allerdümmste Argument: Der Railjet wird in Nendeln haltmachen…, da kann man doch nur noch lachen. Einmal Halt in Feldkirch, einmal Halt in Nendeln und einmal Halt in Sargans? Da werden Städte ausgelassen, aber in Nendeln soll der Railjet – eine Städteverbindung – anhalten? Witz komm raus! Und wir finanzieren dies mit x Millionen Franken und haben noch keine Ahnung von den jährlichen Unterhaltskosten.
Nein danke! Die Bahnverbindung zwischen Feldkirch und Buchs dient weder der Liechtensteinischen Bevölkerung noch der Liechtensteinischen Industrie noch dem Tourismus. Sie dient dem internationalen Gütertransport. Nicht mehr, nicht weniger. Wäre diese S-Bahn so wichtig für unsere Industrie, hätte sich diese doch schon vor Jahren dafür eingesetzt. Der Strassenverkehr würde dank einer S-Bahn nicht im geringsten abnehmen. Was wird wohl passieren, wenn das Feldkircher Stadttunnel (Bärenkreuzung) einmal fertiggestellt wird (Tunnelspinne)? Was wird wohl dann an der Grenze bei Schaanwald und auch auf der Verbindung von Nendeln nach Haag passieren? Chaos pur!
Das Bahntrasse wäre geradezu prädestiniert für eine Entlastungs- und Umfahrungsstrasse von Schaanwald bis nach Buchs. Die Landstrasse durch das Unterland würde mit Sicherheit entlastet. Schaan hätte endlich auch eine Umfahrung mit der Anbindung zum Industriezubringer bis nach Buchs. Dies wäre eine sinnvollere Lösung als eine S-Bahn, welche den Strassenverkehr zum Erliegen bringen wird.
Wenn wir nicht FLACH rauskommen wollen, dann kann man zu FL.A.CH nur ein NEIN in die Urne werfen!
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