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Nachlese zur S-Bahn-Abstimmung

2020 Ausgabe 3 September 2020 Autor: Caspar Hoop

von Caspar Hoop

Die Schlacht ist geschlagen, das Resultat ist eine klassische Niederlage der politischen Parteien, ausser für DU und DpL. Ein klassischer Dämpfer auch für all die Verbände und Vereinigungen, Altmandatare und pensionierten Amtsleiter, die sich, aus welchen Gründen auch immer, vorbehalts- und kritiklos hinter ein Projekt gestellt haben, das vom Stimmvolk krachend versenkt wurde. Obwohl mit Plakaten, meist mit Jugendlichen als Fotosujets, und Sprüchen wie «Ja zur S-Bahn, ja zu unserer Zukunft» unsägliche Rattenfängerei betrieben wurde, gelang es nicht, das Volk zu verführen. Der in schrillen Farben und Tönen vorgetragenen Zukunft haben sogar die angesprochenen Altersgruppen keinen Glauben geschenkt. Nach diesem Abstimmungssonntag dachte sich wohl mancher, wenn wir doch nur das Volk austauschen könnten.

Nur zwei Tage nach dieser denkwürdigen Abstimmung ging das politische Liechtenstein zur Tagesordnung über. Das Stimmvolk hat gesprochen, die Sache ist erledigt. Gemäss Regierungschef-Stellvertreter Daniel Risch und der VU handelte es sich um eine reine Sachabstimmung und für die FBP war der Sündenbock in der Person der Vizeregierungschefs schnell ausgemacht.

Keine Worte mehr der Selbstbesinnung, geschweige denn Demut, nein, es geht in gewohntem Stil weiter, da man ja glaubt, eigentlich nichts falsch gemacht zu haben, und auch auf die Seite wischt, dass auf Fragen zu laufenden Betriebskosten bei einem Ja keine befriedigenden Antworten gegeben wurden. Vielleicht auch deshalb, weil diese Fragen in vielfach substanzlosen Leserbriefen (aus einem Inserat einer befürwortenden Firma), gestellt wurden. Antworten auf substanzlose Fragen kann man sich sparen.

Das Mobilitätkonzept 2030 soll einfach weiterverfolgt werden, diesmal ohne S-Bahn, die immer als das Rückgrat dieses Konzepts beworben wurde. Ein Mensch ohne Rückgrat kann sich nicht mehr aufrecht bewegen, ein Mobilitätskonzept scheinbar schon. Das Undenkbare darf nicht gedacht werden: Wie z. B. würde das Mobilitätskonzept aussehen ohne Geleise, ohne Trasse, ohne Zögli, ohne ÖBB?

Ein Plan B wurde nie ausgearbeitet. Warum nicht? Waren die Verantwortlichen in einer solchen Blase gefangen, die kein Scheitern an der Urne vorsah?

Vor der Abstimmung wurde in zwei Leserbriefen von Herrn Dr. Viktor Arevalo ein wichtiger Punkt angesprochen, nämlich die Verfassungsmässigkeit der Abstimmung an sich.

Über den Souveränitätsvorbehalt schrieb er: «Als allentscheidend für Verkehrswege, die das Territorium eines Staates durchschneiden, um dritte Staaten zusammenzubinden, gilt der Souveränitätsvorbehalt! Das Land, das als Brücke zwischen Dritten dient, muss die Oberhoheit über die Brücke unbedingt behalten, sodass diese völkerrechtlich und faktisch die Nation nicht zertrennt.» Seine intensive Suche nach einem Staatsvertrag, oder einem Gesetz zwischen Liechtenstein und Österreich, der den Vorbehalt für die S-Bahnstrecke Feldkirch-Buchs regelt, verlief ohne jeden Erfolg.

Auf solche für Liechtenstein eminent wichtigen Fragen ging die Regierung nie ein. Für manche Vorlagen werden Rechtsgutachten eingeholt. In diesem Falle nicht. Warum nicht? Wir wurden und werden nicht informiert. Vielleicht deshalb, weil die Verantwortlichen selber keine Ahnung haben?

Falls nämlich Dr. Arevalo recht hat, könnte dies die gesamte Diskussion um eine Vertragsverlängerung mit den ÖBB in eine ganz andere Richtung lenken.

Grundsätzlich ergibt das Abstimmungsresultat doch das Mandat an die verantwortlichen Verhandlungspartner, den Vertrag und die Konzession von Grund auf neu zu verhandeln anstatt einfach einen alten Vertrag weiter über weitere 50 Jahre zu verlängern.

Unter anderem würden z.B. auch die Argumente eines in den Zeitungen despektierlich behandelten «Eisenbahntarifeurs» neue Aktualität erhalten. Wenn Liechtenstein schon Gebühren an die ÖBB bezahlen muss für eine Wasserdurchleitung unter dem Bahngeleise, um wie viel mehr sollte dann die ÖBB Gebühren zahlen müssen für jeden Güterzug, der unser Land durchquert?

Alles in allem ein Lehrbuchbeispiel dafür, wie eine Agenda von oben mit hammermässigen Propagandamitteln verschiedenster Art und mangelhaften, rudimentären Informationen durchgedrückt werden sollte, aber oder gerade deshalb an der Urne verworfen wurde. Diese Abstimmung kann nicht einfach als schiefgelaufene Sachabstimmung abgehakt werden. Alle dafür Verantwortlichen haben beim Volk sehr viel Vertrauen eingebüsst.

 

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