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Parteipräsident = Regierungschef?

2019 Ausgabe 3 August Autor: Peter Wachter

Die Wahl von Boris Johnson zum Premier von Grossbritannien ist ein Skandal. Nachdem Theresa May das Vertrauen ihrer Partei, den Konservativen, verloren hatte und als Parteichefin zurücktrat, suchte sich die Partei einen neuen Präsidenten. Dieser wurde dann grad auch noch Premierminister. Gewählt wurde er von nicht einmal einem Prozent der Wähler seines Landes. 100 000 Mitglieder einer Partei entscheiden über das Schicksal eines ganzen Landes – man reibt sich die Augen.

Solche Vorgänge sind im höchsten Masse undemokratisch und es muss einen nicht wundern, wenn die Menschen die Lust an der Politik verlieren. Hierzulande ist es nicht besser: Der Aussen-, Justiz- und Kulturministerin Aurelia Frick wurde vom Landtag das Vertrauen entzogen. Alle, bis auf einen, Abgeordneten ihrer Partei, der FBP, stimmten für ihre Absetzung. Jetzt darf die FBP ein neues Regierungsmitglied suchen und vorschlagen.

In den nächsten Wochen werden eine Handvoll FBP-Delegierte in einem Hinterzimmer darüber entscheiden, wer neu als Nachfolger oder Nachfolgerin von Ministerin Aurelia Frick in der Regierung unseres Landes sein wird.

Darüber, wer das Land regiert, sollte das Volk und nicht die Parteien entscheiden.

Die jüngsten Ereignisse in Liechenstein (wie in Grossbritannien) zeigen, dass es an der Zeit ist, die Regierung durch das Volk wählen zu lassen.

Die Mitglieder einer Regierung, die durch das Volk gewählt wird, sind nicht in erster Linie den Parteien verpflichtet, sondern Bürgerinnen und Bürgern

Liechtenstein wird seit Jahrzehnten von Schwarz-rot oder umgekehrt regiert. Auch wenn sie meistens herumstreiten wie ein altes Ehepaar, das die Scheidung verpasst hat, sind sie sich in einem einig: Das jetzige System gibt ihnen die Möglichkeit, Ämter und Pöstchen an treue Mitglieder zu verteilen. Darauf wollen sie auf keinen Fall verzichten.

Die Mitglieder einer Regierung, die durch das Volk gewählt wird, sind nicht in erster Linie den Parteien verpflichtet, sondern Bürgerinnen und Bürgern.

Heute ist es leider oft umgekehrt: Parteitreue zuerst.

Eine Direktwahl der Regierung ist in Liechtenstein, wo jeder jeden und jede kennt, möglich. Die Gefahr, irgendeinen Luftheuler zu Regierungschef zu wählen ist sehr klein. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein politischer Nobody, wie Aurelia Frick es vor zehn Jahren war, als die FBP sie als Regierungsrätin portierte, zur Aussen- und Justizministerin gewählt würde, ist wohl auch klein.

Wir Stimmbürgerinnen und -bürger überlassen zu viel den Parteien. Warum sollen die Parteien entscheiden, wer uns regiert?

Die Unabhängigen setzen sich für die Direktwahl der Regierung ein. Die Direktwahl der Regierung hätte etliche Vorteile.

Ein entsprechender Systemwechsel wäre auch möglich, ohne das von der Verfassung bestimmte Gelichgewicht zwischen den beiden Souveräne, Fürst und Volk, zu stören.

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