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Was ich noch sagen wollte

2020 Ausgabe 4 Dezember 2020 Autor: Harry Quaderer

von Harry Quaderer

Noch an der letzten Landtagssitzung im Hohen Hause musste ich staunen ob der belanglosen Debattierfreudigkeit und Wichtigtuerei einzelner Abgeordneter, ob der Führungslosigkeit und der Unfähigkeit, solchem Gebaren ein Ende zu setzen und natürlich ob des tiefen parteipolitischen Niveaus und plumpen Wahlkampfverhaltens der VU und FBP. Wenn man dann aber am nächsten Tag unsere Landeszeitungen anschaute, sah man sich wie immer nach Landtagssitzungen in einen falschen Film versetzt. Der vergangene Dezember-Landtag, der letzte Landtag dieser Legislatur, wäre für mich als ein Musterbeispiel dafür heranzuziehen, in welchen Bereichen der Landtag sich früher oder später ändern muss, ansonsten bald einmal gar niemand mehr diese politische Institution ernstnehmen wird und kann.

Der Landtagspräsident sah sich bemüssigt, den Abgeordneten vor der Sitzung per E-mail mitzuteilen, dass er aufgrund der Traktandenfülle eine speditive Erledigung der Geschäfte erwarte und jegliche verbale Ping-Pong-Spiele zu vermeiden seien. Genau das Gegenteil traf ein. Anfangs der Dezember-Landtagsdebatte durfte man dann feststellen, was für einige Abgeordnete wirklich wichtig und wohl das höchste aller Gefühle ist. Lassen sie mich festhalten: Die Aktuelle Stunde gibt jeder Fraktion die Gelegenheit, ein Thema zu bestimmen, über welches dann 60 Minuten lang ohne Verbindlichkeit und Beschluss zu diskutieren ist. Was dieser Stunde dann das Krönchen der Sinnlosigkeit aufsetzt: Sie findet unter Ausschluss der Regierung statt. Sehr treffend titulierte eine Journalistin die Aktuelle Stunde als «Kasperletheater ohne Publikum».

Es erstaunt natürlich gar nicht, dass die Freie Liste für die «stark befrachtete» Dezember-Sitzung die «Stärkung des Landtags» als Thema für die Aktuelle Stunde wählte. Die Voten der Freien Liste zielten eigentlich nur darauf ab, dass der Hohe Landtag zu viel arbeite, aber viel zu wenig verdiene. Natürlich sollen die Abgeordneten nebst höheren Entschädigungen für die Landtagssitzungen und das Mitwirken in Kommissionen und Delegationen grad auch noch eine Pension erhalten. Dass unser Landtagspräsident kräftig ins gleiche Horn blies, überraschte schon grad gar nicht mehr, insbesondere weil er sich ja auch schon wieder als künftiger Landtagspräsident sieht und er am allermeisten von einer Entsoldungsänderung profitieren würde. Wenn nun die Essenz für eine zukünftige Landtagsreform ist, dass sich der Landtag höher und besser entschädigt, dann ist dies ein Armutszeugnis sondergleichen.

Meiner Ansicht nach könnte man die Abläufe im Hohen Haus mit wenigen, aber doch sehr wirksamen Änderungen um ein Vielfaches verbessern. Der Landtag sollte auf 15 Abgeordnete verkleinert werden. Die Sitzungen sollten straffer geführt, die Aktuelle Stunde abgeschafft werden und nur noch eine Kleine Anfrage per Abgeordneten sollte erlaubt sein. Sämtliche EU/EWR-Gesetzeswerke, die über eine vorbereitende Kommission in den Landtag kommen, sollten in globo verabschiedet werden. Was soll der Landtag debattieren, wenn er ja sowieso nur JA sagen kann?

Es sollte eine Redezeitbeschränkung für jede Fraktion und jeden Abgeordneten eingeführt werden! Es ist unsäglich, wenn zu gewissen Themen in einer Eintretensdebatte zwanzig mal das Gleiche gesagt wird und dann beim Artikelaufruf nachgedoppelt wird und all die vermeintlichen Rechtsexperten des Hohen Hauses ihre Weisheiten zum Besten geben und immer wieder versuchen, dem zuständigen Regierungsmitglied zu erklären, dass sie mit ihrem Rechtsverständnis halt immer recht haben und sowieso alles besser wissen als die Regierung. Kann es sein, dass Verbände den Abgeordneten seitenweise Änderungsanträge zuspielen und diese dann meistens von einem Abgeordneten runtergeleiert und «vertreten» werden, im guten Wissen dass diese Verbände solche Änderungen sicherlich schon mindestens einmal mit dem zuständigen Regierungsmitglied besprochen haben? Ist lauter, dass Abgeordnete Meinungen Dritter zum Besten geben? Nein, es verstösst ja sogar gegen die Geschäftsordnung.

Gerade jetzt müssten doch alle Parteien festgestellt haben, wie unsäglich schwierig es ist, Personen für die Landtagswahlen zu rekrutieren. Das Problem für Mann und vor allem Frau besteht ja mit Sicherheit nicht darin, dass man als Landtagsabgeordneter keine Pension und im Schnitt ja gerade mal «nur» vierzigtausend Franken im Jahr erhält. Nein, das Problem liegt darin, dass man viel zu viel Zeit von seiner täglichen Arbeit entfernt bleibt. Die verlorene Zeit am Arbeitsplatz oder die verlorene Zeit mit Familie und Kindern sind die meist gehörten Gründe, dass sehr fähige Personen sich nicht dazu bereit erklären, für ein Landtagsmandat zu kandidieren. Das ist halt leider die Realität.

Die Unabhängigen freuen sich fünf in verschiedenster Form selbständig Tätige nominiert zu haben. Dies ist absolut die Ausnahme und nicht die Regel. Schauen sie sich die Berufsgattungen und die Arbeitgeber aller Landtagskandidatinnen und -kandidaten doch mal genauer an. Was fällt auf? Es kommen immer mehr Personen aus der Landesverwaltung! Das kann es doch wirklich nicht sein. Ich möchte jetzt keiner dieser Personen die Fähigkeit im Landtag mitzuwirken absprechen, jedoch ist dies ein Trend der schon besorgniserregend ist.

Unsere Regierung besteht ja schon grossmehrheitlich aus Personen aus der Landesverwaltung. Ist dies ein Zufall? Und dann soll sich der Landtag auch noch mehrheitlich aus Staatsangestellten zusammensetzen?

Eine bessere Mischung der verschiedenen Berufsgattungen ins Hohe Haus zu bekommen, kann nur erreicht werden, indem man künftig eintägige Sitzungen abhält! Dies würde die Qualität und Entscheidungskraft des Landtags keineswegs verringern, im Gegenteil, die Qualität würde gesteigert. In der Kürze liegt die Würze! Der Jahrmarkt der Eitelkeiten im Hohen Haus, wie es ein abtretender Landtagsabgeordneter so schön ausgedrückt hat, würde ein jähes Ende finden.

Eine Landtagsreform ist mehr als nur notwendig, aber bitte am richtigen Hebel ansetzen. Für eine vernünftige Reform müssen Vorschläge und klare Aufträge vor allem ausserhalb des Hohen Hauses erarbeitet werden. Denn haben Frösche schon einmal entschieden, sich den eigenen Teich trocken zu legen?

 

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