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Eine funktionierende Demokratie braucht eine bürgerliche Opposition

2020 Ausgabe 1 Mai 2020 Autor: Ado Vogt

von Ado Vogt

In Demokratien ist es politischer Alltag, dass es nebst den Regierungsparteien verschiedene Oppositionsparteien gibt. Diese fungieren im Sinne von «checks und balances» und kontrollieren die Regierungsarbeit.

In Liechtenstein hatten wir viele Jahrzehnte nur zwei Parteien – die Roten und die Schwarzen – , die in der Regel eine Koalition bildeten und das Land, und somit alle Posten, Ämter und Mandate, in eine rote und ein schwarze Hälfe aufteilten.

Dass dies zum Teil heute noch der Fall ist, kann man schön daran ablesen, dass fast jede Kandidatin und jeder Kandidat, die einmal erfolglos für ein öffentliches Amt kandidierten, im Anschluss einen Posten oder ein öffentliches Mandat erhalten.
Welche teuren Auswüchse es haben kann, wenn sich die Parteien selbst kontrollieren, haben wir etwa beim Debakel der staatlichen Pensionskasse gesehen. Dass niemand zur Rechenschaft gezogen wurde, versteht sich von selbst. Man will sich gegenseitig nicht wehtun. In meinen Augen ist es eine himmelschreiende Ungerechtigkeit, dass hier von den jungen Staatsangestellten im Beitragsprimat zu den Pensionierten umverteilt wird, die noch das Leistungsprimat geniessen.

Bei der Abstimmung zum Spitalneubau konnte man recht eindrücklich erleben, dass sich nur ganz wenige Exponenten, etwa von Verbänden aber auch von der Politik, sich öffentlich hinzustellen getrauten und kritisch ihre Sichtweise vertraten. Denn Steuergeld auszugeben ist bequemer als den Miesepeter zu spielen, der auf der Haushaltskasse sitzt.

Dies ist aktuell verständlich, schwimmen wir in den Augen vieler quasi im Geld und wissen nicht, wie sinnlos wir es noch ausgeben können. Leider ist es so, dass der Landtag voraus marschiert und in den letzten drei Jahren etliche fragwürde Subventionen oder Budgeterhöhung durchgewinkt hat. Der Sinn dieser Ausgaben wird nicht hinterfragt, ausser von den Vertretern der DU. Manchmal könnte man denken, Weihnachten und Ostern seien auf denselben Tag gefallen.
Bei diesen Ausgaben gilt es klar zu unterscheiden, dass es sich nicht nur um Investitionen handelt, von denen auch noch künftige Generationen profitieren, sondern um jährlich wiederkehrende Ausgaben. Die Politik befindet sich Vollgas im Wahlkampf, um jede Stimme wird gerungen, und das macht man am einfachsten mit Geld.

Die einzige Partei, die vehement für einen verantwortungsvollen Umgang mit Steuergeldern plädiert, sind die Unabhängigen. Wieso hocken wir so konsequent auf dem Portemonnaie? Hierfür gibt es mehrere Gründe.

Wir sind ein kleines Land, leben hauptsächlich vom Export. Jede kleine Erschütterung in den globalen Märkten hat grosse Auswirkungen auf unsere Wirtschaft und somit direkt auf unsere Steuereinnahmen. Die Coronakrise hat uns gezeigt, wie verletzlich wir sind. Das Vermögen, welches zum Teil an den Kapitalmärkten veranlagt ist, hängt also stark von der Börsenentwicklung hab.

Die Corona Krise verschärft die Haushaltslage in fast allen Ländern der Erde zusätzlich. Nebst höheren Ausgaben für die Soforthilfen wird es zu substanziellen Steuerausfällen und erhöhten Kosten bei gewissen Sozialwerken kommen. Nur weil wir durch diverse Massnahmen nach der Finanzkrise Geld gespart haben, können wir es nun ausgeben, um die akutesten Symptome zu lindern. Ich befürchte, dass die mittelfristigen Auswirkungen erst im nächsten Jahr sichtbar werden. Zudem gibt es Bemühungen der OECD und G20 (dem Zusammenschluss der zwanzig grössten Volkswirtschaften) für eine Reform der weltweiten Besteuerung.

Stark vereinfacht soll diese Reform zum Ziel haben, dass Unternehmen global eine Mindeststeuer bezahlen und zudem noch dort stärker zur Kasse gebeten werden, wo sie den Umsatz machen. Dies hat für alle exportorientieren Länder offensichtliche Auswirkungen. Bis anhin zahlen Firmen die Ertragssteuer vor allem am Firmensitz, nach Annahme dieser Reform dann hauptsächlich dort, wo sie den Umsatz machen. Somit entfallen also den exportstarken Ländern, etwa Liechtenstein, Deutschland, Österreich und der Schweiz Milliardeneinnahmen.

Mittel- und langfristig werden wir auch mit der demographischen Entwicklung weiteren Finanzbedarf bekommen. Die Bevölkerung wird älter, somit steigen die Kosten im Gesundheitswesen und etwa bei der AHV.

Es gibt natürlich auch immer wieder Stimmen, vor allem von Seiten der Freien Liste, die als einzige Lösung Steuererhöhungen oder gar die Einführung neuer Steuern fordern. Seien wir aber ehrlich: Unser Land ist nicht nur sehr lebenswert, weil wir schöne Berge haben, sondern weil der Staat im Gegensatz zu den Nachbarn bei tiefer Steuerlast sehr hohe Sozialleistungen kennt. Das macht unser Land für Einwohner, Mitarbeiter und Firmen attraktiv. Dass mit einer zusätzlichen Umverteilung auch politische Begehrlichkeiten einhergehen, liegt in der Natur der Sache. Sich zweimal zu überlegen, ob und wofür man zusätzlich Geld ausgibt, ist somit nicht nur billiger, sondern manchmal auch gerechter.

Wir von den Unabhängigen sind überzeugt, dass eine gute bürgerliche Opposition nur dann funktionieren kann, wenn man nicht gleichzeitig eng mit der öffentlichen Hand verbandelt ist. Deshalb treten wir konsequent gegen jede Pöstlischacherei ein.
Als es bei uns zur Parteispaltung kam, waren uns Hohn und Spott sicher. Einige Politiker meinten gar, wir würden die politische Stabilität gefährden, obwohl sich in der Regierungskoalition nichts geändert hatte.

Spannend war es dann, als der bestgewählte Unterländer Abgeordnete der FBP seinen Abschied aus der Fraktion bekannt gab. Obwohl sich somit die Mehrheitsverhältnisse änderten und FPB und VU gleich viele Abgeordnete im Landtag hatten und somit auch die Regierungsmehrheit der Schwarzen theoretisch nicht mehr gegeben war, hörte man hierzu nichts. Man darf der Vaterländischen Union ein Kränzchen winden, dass sie sich weiterhin an den Koalitionsvertrag hielt und weder Neuwahlen noch eine Nachverhandlung des Vertrags forderte. Als Johannes Kaiser dann mir nichts dir nichts noch während der gleichen Legislatur wieder zurück in den Schoss der FBP kroch, gab es wiederum keine Erklärung. Bis heute ist nicht klar, weshalb das ganze Spektakel überhaupt stattgefunden hat.

Tatsache ist auch, dass die zweite grosse politische Verwerfung, nämlich die Absetzung der Regierungsrätin Aurelia Frick, ebenfalls eine Amtsträgerin der FPB betraf. Die Mehrheitspartei war aber nicht fähig, die internen Konflikte zu lösen. Deshalb gab es einen Sonderlandtag, der wie ein Tribunal aussah. Wer gefährdet hier die politische Stabilität?

Wenn wir von den Unabhängigen ab und zu Nein sagen, dann immer im Bewusstsein und Bemühen, den künftigen Generationen ein florierendes Liechtenstein zu übergeben. Ein Nein ist nicht selten günstiger und vor allem staatspolitisch nachhaltiger als wahltaktischer Opportunismus. Auch wenn man sich bei einigen nicht beliebt macht, ist ein klares Nein zu gegebener Zeit besser, als einfach das Steuergeld zu verbraten, um vor den Wahlen scheinbar gut dazustehen.

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